Schulkonzept "Spielen macht Schule"

Das Konzept "Spielen macht Schule" wird an der Erich-Kästner Schule in der Unterstufe neu eingeführt und durch eine bereits vorhandene Spiele-AG ergänzt, der auch höhere Jahrgänge angehören. Zukünftig werden die Kinder demnach in den unteren Klassen Spiele kennen- und den Umgang mit ihnen erlernen und können später ihr Wissen in der AG nutzen und dort weitergeben.

Eine Studie mit Schüler:innen aus der ersten und zweiten Klasse hat deutlich gezeigt, dass sich die überfachlichen Fähigkeiten der Kinder durch nur eine Unterrichtsstunde "Spielen" pro Woche im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich verbessert haben. Aus dem Unterricht bekannte Gesprächs- und Umgangsregeln begleiten das Spielen und können so abgekoppelt von Unterrichtssituationen gezielt eingeübt werden. Durch das Erklären und Zuhören steigert sich die kommunikative Kompetenz, und auch emotional entwickeln sich die Kinder weiter, indem sie Gewinnen und Verlieren üben. Das Spielen selbst fördert zudem die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten und Störreize auszublenden. Ebenso stehen implizit Regelverständnis und Umgang mit Materialien auf dem wöchentlichen Lehrplan.

Im Förderschwerpunkt Lernen ist die Motivation der Kinder ein besonders wichtiger Faktor. Durch das Spielen bekommen die Kinder die Möglichkeit, ihr Wissen mit Spaß und ohne Lerndruck zu erweitern. Der Unterricht bekommt durch die regelmäßige Einbindung von Spielen in die Unterrichtszeit als Lernraum einen höheren Stellenwert für die Kinder. Die Einbindung der Schülerbücherei mit Spieleverleih für Kinder der höheren Klassenstufen bereichert das Konzept.

Auf Materialebene können vielseitige, auch technische Spielangebote dabei helfen, typische Rollenbilder aufzubrechen und beispielsweise Mädchen für mechanisches Spielzeug zu begeistern. Charakterbasierte Rollenspiele haben ebenfalls positive Auswirkungen durch eine mögliche Brechung bereits etablierter Stereotype. Darüber hinaus üben die Kinder spielerisch Empathie ein und können Rollen im geschützten Raum ausprobieren, ohne dass sich daraus in ihrem unmittelbaren Umfeld eine Konsequenz ergibt.

Für die Spieleausstattung werden die Fachkonferenzen einbezogen, um im Kollegium Transparenz über vorhandene Spiele und deren Fördermöglichkeiten zu schaffen. Die Spiele selbst werden mit ihren jeweiligen fachlichen und überfachlichen Schwerpunkten katalogisiert (z.B. feinmotorisch / sprachneutral / lesen / sprechen & zuhören / Frustrationstoleranz / kooperativ / simultane Zahlerfassung / planvolles Handeln / ...) und mit aussagekräftigen Piktogrammen versehen. So können die Kinder einen Blick für diese Kompetenzen erlernen und werden letztlich über das schulische Üben hinaus sensibilisiert.

Für die Spiele-Ausstattung werden unter anderem die fachlichen Bedürfnisse sowie die vorhandenen Spielanlagen der Erich-Kästner Schule berücksichtigt. So können die Kinder in der Spielzeit "Wikingerschach" oder "Boule" im Freien spielen - im Gegensatz zu Brett- oder Kartenspielen ist beides ist unter Coronabedingungen möglich. Würfelunterstützte Rollenspiele können ebenfalls vom Sitzplatz aus oder mit Abstand im Freien gespielt werden und schulen die Zusammenarbeit der Gruppe, das Erzählen und die Fantasie. Auch das Selbstkonzept der Kinder kann gestärkt werden, indem sie als Erklärende zu Expert:innen für ein Spiel werden oder eine besonders schöne Erzählaktion machen, die der Lerngruppe hilft.

"Können Schweine fliegen?" - Ein Beispiel für die Umsetzung des Konzeptes.

Das Spiel "Können Schweine fliegen?" vom Ravensburger-Verlag thematisiert Eigenschaften von Tieren und besitzt sprachneutrales Material. Maximal vier Spielende nehmen teil. Die Eigenschaften der Tiere (z.B. Anzahl der Beine, ob es Pflanzen- oder Fleischfresser ist usw.) werden als Bildkarten in der Tischmitte verteilt - deren Anordnung kann bei Kindern mit einem höheren Bedarf an Struktur vorher thematisch geordnet festgelegt werden.
In jeder Runde ziehen die Spielenden eine Tierkarte und nennen das Tier. Dann legen sie Plättchen in ihrer Farbe auf die Eigenschaften, die ihrer Meinung nach zu dem Tier in dieser Runde passen (ein Pferd hat vier Beine, es frisst Pflanzen, ...) und auf denen noch kein Plättchen liegt. Den Wettbewerbscharakter durch die Regel "Schnelligkeit gewinnt" kann man durch die Sonderregel "der Startspieler wird ausgewürfelt, danach geht es reihum weiter" ersetzen, sodass auch motorisch langsamere Kinder zum Zug kommen und alle Kinder mehr Bedenkzeit haben. Sind alle Plättchen verteilt oder möchte niemand noch eines ablegen, endet die Runde und die Kinder schlagen im Katalog nach, wo sie die passenden Eigenschaften abgebildet finden. Können die Kinder bereits lesen, kann eines von ihnen im hinteren Teil des Lösungsheftes einen informativen Text zum Tier vorlesen. Nach fünf Runden ist das Spiel beendet.

An diesem Beispiel werden folgende zu fördernde Kompetenzen deutlich, die im Fokus stehen können, es aber nicht müssen:

  • Regelverständnis (evtl. Erklären von Regeln)
  • Einhalten der Regeln
  • Reaktionsschnelligkeit (je nach Spielweise)
  • Geduldiges Abwarten (je nach Spielweise)
  • Umgang mit Emotionen, vorrangig Frustrationstoleranz
  • Lesen von Symbolen (Wahrnehmung; Vorbereitung aufs Lesen durch die Kopplung einer Bedeutung an ein Bild)
  • Orientierung im unübersichtlichen Spielfeld / im thematisch aufgebauten Eigenschaftsraster (Wahrnehmung; im Raster kann durch die Anordnung von links nach rechts die Leserichtung angebahnt werden)
  • Zahlenlesen 2, 4, 6 durch den Aufdruck dieser Zahlen auf die Kärtchen mit der jeweiligen Anzahl von Tierbeinen
  • Nachschlagen im Lösungsheft
  • Sprachliche Kompetenzen, z.B. gezieltes Nutzen von Fachwörtern wie "Fleischfresser" und "Pflanzenfresser" beim Vorstellen der Lösung
  • Mischen von Karten
  • (je nach Spielweise) Zuordnen der Eigenschaftskarten zu deren Kopie in grau auf dem Eigenschaftsraster
  • Fachlicher Wissenszuwachs im Bereich Sachunterricht (Tiere)